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04.08.2023 - 15.10.2023

Sámara – Monteverde – Río Celeste – La Fortuna – Siquirres – Barra de Pacuare – Puerto Viejo – Cahuita – Manzanillo – San José – Sabana Redonda – Tárcoles – Manuel Antonio – Uvita – Dos Brazos – Puerto Jiménez – David – Boquete – Las Lajas – Santa Fe – Chitré Olá

Haben wir eine Wahl? In unserem früheren Leben hat es sich zumindest nicht so angefühlt. Trotz aller Unlust auf Lohnarbeit blieben wir nicht einfach Zuhause oder fuhren in der Straßenbahn weiter - egal wohin - bloß nicht zu jenem Ort, an dem wir vertragsmäßig erwartet wurden. Auch jetzt, in unserem neuen Leben, fühlen wir Wahllosigkeit. Das ausgerufene Ziel heißt Patagonien … immer südwärts - können wir demnach frei entscheiden beispielsweise zurück nach Mexiko zu reisen? Können ja und zwar im selben Ausmaß, wie es uns damals frei stand im Büro oder der Praxis zu erscheinen. Oft wählen wir nicht, wir geben uns hin - der Vernunft, der Verpflichtung, der Bequemlichkeit, einer Idee und nennen es Wahl - wie sonst ist es zu begründen, dass wir von einer Matratze des Woodstock Hostels auf ein Kingsize-Bett der Honeymoon-Suite im Drei-Sterne El Establo wechselten? Wir wählten nicht … manchmal ist dies die einzige Wahl, für die wir uns entscheiden.

Wir krochen aus unserem Abteil mit einem verstaubten und deswegen laut heulendem Ventilator, welcher notdürftig auf der Unterseite des Bettes über uns befestigt war. Von dem französischen Pärchen neben uns trennte uns lediglich eine dünne Spanholzplatte. An der Wand des Dorms spielte Jimi Hendrix als Schwarz-Weiß-Fotografie seine Gitarre auf dem Woodstock-Festival. Wir waren zufrieden, hatten den Strand in greifbarer Nähe und bezahlten 15 Euro pro Nacht. Bevor wir von Sámara aufbrachen, aßen wir unseren Kochbananen-Yucca-Ananas-Eintopf vom Vortag. Erst abseits der Zivilisation werden Tramper ernst genommen - „Wie sind die dahin gekommen?“ Am Ortsausgang bei der Hälfte einer steilen Straße wurden wir mitgenommen und am Busterminal in Nicoya rausgelassen. Nächste Abfahrt in 4 Stunden... wir gingen zu Fuß weiter, dorthin, wo sich normalerweise niemand hin verirrt. Ein bald pensionierter Mann, der nun sein eigenes statt fremder Häuser aufpolierte, legte den Rückwärtsgang ein und hielt, nachdem wir ihm intensionsfrei zuwinkten: "Wie seid ihr hierhergekommen?" Später bekamen wir seine Nummer, sowie die Einladung gerne bei ihm zu bleiben, um ihm bei Bedarf zu helfen. Wie hätten wir entschieden, wenn kein neuer Freiwilligendienst im Hintergrund auf uns warten würde?

Rinderfarm in Guanacaste

Die Landschaft regierte die Weideflächen der Rinder mit verstreuten Baumexemplaren und ihren breiten Laubkronen, unter denen die Tiere als Dach Schatten fanden. Unsere Daumen schienen abgenutzt. Niemand hielt mehr, bis ein weißer Geländewagen drehte. Ein Nachkomme der ersten eingewanderten Quäker lud uns ein, nicht ausschließlich zur Mitfahrt, sondern auch zu seiner Rinderfarm, bei der bereits zwei Interessenten warteten, um einen Zuchtbullen zu kaufen. Während der Fahrt erzählten wir auf Nachfrage, dass wir in Monteverde in einem Mehrbettzimmer einchecken würden. Als Arnoldo später meinen Ausweis verlangte, wurde ich stutzig, gab ihn erst nach der zweiten Erinnerung. "Ihr könnt in meinem Hotel schlafen - kostenlos", sagte er. Nach Monaten die erste Vorreservierung wegen eines niedrigen Preises und dann das! Wir nahmen an. Von der Schnellstraße aus brauchte es bis in die Berge Monteverdes weitere vier Lifts. Zuerst ein Pärchen, das uns vor gefährlichen Leuten warnte und uns deswegen direkt zum Busterminal fuhr. Nächste Abfahrt in 4 Stunden … wieder gingen wir zu Fuß weiter bis uns ein alter verstockter, aber gutmütiger Mann, der sein Enkel abholte, mitnahm. Der Golf von Nicoya hob sich immer deutlicher werdend aus den Bergen ab. Ein weiteres Pärchen, von dem wir hofften den Wocheneinkauf nicht zu zerquetschen, half uns über 10 Kilometer hinweg und schlussendlich ein berufsmäßiger Guide, der in Monteverde aufwuchs.

"Wo schlaft ihr? Dann kann ich euch hinbringen."

Ohne Wissen, was uns erwartete, sagten wir den Hotelnamen. Ein langer Blick in den Rückspiegel folgte. Er verabschiedete sich von uns vor einem Schild mit Goldschrift - El Establo! An der Rezeption mussten wir zweifelsfrei witzige Figuren abgeben, aber wir wurden eingewiesen und Antworten auf ungestellte Fragen erteilt: Wann öffnet das Frühstücksbuffet? Aktivitätsmöglichkeiten? Wo sind der Tennisplatz und der Pool? Spa-Bereich? Wo beginnt der Zugang zum privaten Waldgelände? usw.

"Soll ich nun den Shuttle bestellen, der Sie zu Ihrer Unterkunft fährt?"

Wir verneinten, mühten uns den steilen Anstieg hinauf und verdienten uns ungewollt den Respekt der Shuttlebusfahrer. Wir traten ins Zimmer, zogen wohlweislich, nicht wissend ob wir noch Rinderkacke im Profil hatten, die Schuhe vor der Tür aus. Unsere Füße betraten, schäbig verdeckt von löchrigen Socken, den weichen Teppich des 50 m² Appartements. Balkon mit Bergblick, Whirlpool im Zimmer. Warum tat Arnoldo das für uns? Er hatte die Wahl!

Zum Sonnenuntergang kamen wir bei einem nahegelegenen Mirador erneut mit jemand ins Gespräch und erzählten unsere Geschichte.

"Echt? Das ist das beste Hotel in der Umgebung. Und so haben die euch reingelassen?"

Mit seiner Verabschiedung beschrieb er uns den Weg zu seiner Wohnung und lud uns ein, jederzeit vorbeizuschauen für eine Tasse Kaffee. In tiefer Dankbarkeit versunken, warfen wir jegliche Gedanken von uns. Wir hatten doch die Wahl! Und zwar die, den Finger rauszuhalten - die bisher beste Costa Rica-Empfehlung: die Menschen.

Tagesabschluss in MONTEVERDE

Die Nebelwälder Monteverdes. Ficusbäume so riesig, sie schlängeln ihre Holzadern über den Boden bis in den Abgrund von Schluchten, überall suchen sie Halt und suchen nach Wasser. Sie wirken lebendig, sie sind lebendig. Furchteinflößend durchbrechen sie das Blattwerk ihrer Pflanzennachbarn, schrauben sich über sie hinweg, dorthin, wo zuletzt nur Einsamkeit sie umgibt. Je höher wir wandern, desto mehr werden die letzten Braunreste der Stämme und des Bodens getilgt. In permanenter Feuchtigkeit gehüllt verkommt sämtliche Flora zu unentwirrbarem Unkraut.

Auf den Cerro Amigo, der höchsten Stelle in Monteverde, prallen die vollen Wolken der Karibik und ziehen zum Pazifik. Funktürme ragen in die Höhe und eine kleine Casa steht in Regenschleiern. Sie ist so abgeschnitten ist, dass ihr Bewohner 15 Tage vom Monat dort einzieht, um von dort das Signal von Radio und Fernsehen nach Guanacaste zu senden. Die restlichen 15 Tage bekommt er frei. Dieser empfiehlt uns einen weiteren Trek, doch der Regenfall und die verschlammten Wege halten uns davon ab. Für diesen Wald muss niemand bezahlen, wer jedoch den Eingang weiter unten im Tal nutzt, der steht vor einem Eingangstor mit Kassehäuschen – Eintritt, immerhin handelt es sich um ein Bioreservat. Lediglich ein Beispiel dafür, dass nichts kostenlos ist, außer man findet den richtigen Weg oder das Loch im Zaun. Nationalparks verlangen teils unverschämte Preise im Namen des Naturschutzes. Überall Tourenanbieter für Ziplines und Hängebrücken. Die Reklameschilder an Straßenrändern und die Gebäudefassaden sind damit quasi tapeziert und locken mit verheißungsvollen Fotos von rotäugigen Fröschen, Quetzals und natürlich dem Faultier. Wo sind sie? Auch nicht in den Nationalparks (denn einmal fanden wir das 'Loch'). Ein Aufenthalt in Costa Rica ist gleichbedeutend mit dem Wunsch nach in Kontakt treten mit der hiesigen Tierwelt. Fast besteht Verwechslungsgefahr das Land nicht als interaktives Sammelalbum zu betrachten, bei der jede Tiersichtung das Bild der jeweiligen Rasse imaginär ausmalt. Jeder liebt Tiere. Mein erster Berufswunsch war Tierarzt, Bianca bewarb sich früher in mehreren Zoos als Tierpflegerin. Es gibt nahezu kein Freiwilligenprojekt, welches sich das Tierwohl auf die Brust schreibt und seinen Volontären neben ihrer investierten Lebenszeit, nicht zusätzlich Geld abverlangt. Bezahlen, um zu arbeiten - die Zeit des Post-Kapitalismus bricht an. Wir hoffen weiterhin, dass Tiere nichts von den Grenzen etwaiger Nationalparks wissen und sich frei bewegen, dann werden auch wir unser Sammelalbum anfangen bekleben zu dürfen.

Nach dem Regen ...

So flüssig gingen die Tage ineinander über, dass sie keine Abgrenzung durch Stunden hatten. Keine Fortführung, sondern Wiedergutmachung dafür, dass mein Reisepass auf einem Kleiderbügel trocknete und sämtliche Rucksackinhalte ausgebreitet von einem Ventilator um Verschonung durch weiteren Regenfall bettelten. Wir streiften durch den Park, sahen das azurblaue Wasser bis zu seinem Ursprung, wo zwei Flüsse in einer einzigartigen biochemischen Reaktion jene Farbe ausbilden. An einem Becken, aus dem Blasen aufstiegen, die mich zurückträumen ließen an den Whirlpool in Monteverde, bat ein Mann mit rosafarbener Iro-Frisur um Ruhe für eine Videoaufnahme. Alex kommt aus Deutschland, suchte in Costa Rica nach einem neuen Zuhause, doch das kurze Gespräch setzten wir am Folgetag fort, als wir gemeinsam nach La Fortuna fuhren. Wieder so ein Engel, doch bevor es soweit war, wurden wir nach unserem Parkausflug bei den ersten einsetzenden Regentropfen die letzten Kilometer zurück ins Dorf mitgenommen – ohne den Finger zu heben. Dort schien ein Betrunkener auf uns zu warten, der sich als bester kostenloser Guide entpuppte und gab Hinweise auf Tiersichtungen und da flog er: Ein Tukan! Fliegt mitten über eine von der Sonne gelb gefärbten Wiese mitten in den Kontrast des dunklen Gewitterhimmels hinein. Der Betrunkener hatte recht, nicht jedoch mit dem Faultier - das besuchte uns erst am nächsten Morgen. Die rot-blauen Pfeilgiftfrösche wurden uns direkt vor der Unterkunft gezeigt. So viele Engel ... so viele Menschen … als was man sie auch bezeichnet und das Engelbildnis gerechterweise als abgegriffen und kitschig befindet, es bleibt ein positives Gefühl in mir zurück und abermals die Ahnung, dass diese Begegnungen das innigste sein werden, das wir aus Costa Rica entführen.

Río Celeste

Ein Wald aus Reklametafeln. Ganz nach amerikanischen Vorbild - 'Mach dein Erlebnis beim größten Anbieter oder geh nach Hause' - Seltsam, dabei freute ich mich auf einen dichten Dschungel, wie zuletzt beim Río Celeste. La Fortuna ist übersichtlich, aber das Auge verlor sich in der Flut aus Informationen. Außerhalb der Ortschaft suchen wir eine Brücke, unter der das Wasser rauscht. Ein Tarzanseil hängt von einem der Äste. Ein Einheimischer zieht es mittels Stock für einen Touristen näher, welcher seine feuerwehrrote Badeshorts richtet, dann ein Schrei ins Vergnügen, beim Auftauchen ein Kopfnicken und schnell aus dem Wasser herausklettern über Wurzeln und Steine, um das Video anzuschauen, das die Freundin von ihm aufnahm. Er freut sich, sich von vor zwei Minuten zu betrachten. Wie glücklich er da war! Und dieses Glück konserviert dieses Sekundenvideo. Überraschenderweise ist seine zweite Schokoladenseite noch süßer, darum auf ein Neues.

Wir schlendern die Straße hinauf, finden am Flusslauf eine umgestürzte Bananenpalme und machen den Rucksack, der dank der Hitze eine portable Reifekammer darstellt, voll (wir haben das günstigste Nahrungsmittel in Costa Rica kostenlos gepflückt!). Ohne weiteren Aufschub wandern wir in die Berge zum bekanntesten Wasserfall, direkt hinter Pferden, die wir aufgrund ihrer Pausen zweimal überholen und zeitgleich am Besucher-Parkplatz ankommen. Vorbei an der Eintrittskasse folgen wir der Hostel-Empfehlung und erreichen ein Privatgrundstück. Ein Tor mit eindeutigem Verbots-Hinweis, welches leicht über einen eingetretenen Pfad umgangen werden kann. Luftwurzeln als Treppenstufen bis wir das Gewässer erreichen, das einige Wendungen weiter in die Tiefe stürzt. Das Wasser ist kalt, die Strömung drückt gegen den Unterschenkel als wir den Lauf durchqueren. Der Dschungel ist hier dicht, wie wir ihn uns wünschten, frei von Werbereklamen. An einer feuchten moosbewachsenen Felswand überwinden wir das letzte Hindernis zum geheimen (und kostenlosen) Wasserfall. Flüssiger Smaragd fließt aus einer schwarzen Grotte, über die flüchtige Lichtreflexe fliehen. Bewuchs wie der Endpunkt einer Expedition, doch der Wald führt tiefer, dorther, von wo die zweistöckige Kaskade entspringt und irgendwo dahinter der Arenal-Vulkan, der sich, je näher wir ihm die letzten Tage kamen, graduell stärker in eine Wolkendecke hüllt, sodass nur sein Ansatz ersichtlich ist. Im Wasser öffnet das Felsportal seine Kammer und ich sehe eine felsige Insel, glatt wie ein Schildkrötenpanzer, auf dem eine undefinierte Anzahl halbnackter Personen sitzt. Stumm starren sie mich an. Bianca und ich störten sie, denn ihr Platz ist nun nicht mehr geheim. Wie Nixen sprangen sie in die Kühle und gaben den Platz frei, dem seine Idyllhaftigkeit geraubt wurde. Fast nichts ist kostenlos, doch nichts ist geheim in La Fortuna.

Eine von vielen Flussüberquerungen in Costa Rica, LA FORTUNA

„Vermisst - Lebendig oder Tot!“ Sicher kann ich mir bei ersterem nicht sein, wenn ich an meine Wanderschuhe und die darin entfachte Ameisenplage von Ometepe zurückdenke. Finderlohn kann ich für sie leider nicht zahlen, vielmehr baue ich auf das Verständnis bei demjenigen, der sie mir unbekannterweise stahl. Mit meinen ausgetretenen, bröckelnden und mit Farbflecken übersäten italienischen Schlappen komme ich nicht weit im Dschungel Costa Ricas, geschweige denn möchte ich so den Freiwilligendienst antreten. Ich hätte sie gerne wieder, ich konnte ja nicht ahnen, dass sie beim Entlüften Diebe anlocken, denen der Geruch offenbar sogar gefällt. Ich dachte sie verschrecken, mich wenigstens, der sie trug, empfindet Essig und Müll gelten nicht als Eau de Toilette. Die löchrigen Einlagen und die löchrigeren Socken blieben vor der Hosteltür, als wäre was zusammengehört gewaltvoll getrennt worden. Wenn ich sie nicht zurückerhalte (weil die gutgemeinte Wäsche misslang?), dann bitte ich für eine bessere Verwendung den neuen Besitzer, die Lavakiesel, die sich zwischen das sich lösende Profil und Stoff einschlichen, restlos zu entfernen und abermals mit Sekundenkleber zu befestigen.

Warum mündet eigentlich jeglicher Verschleiß hier in Costa Rica, wo die Wiederbeschaffung teuer ist? Meine Kamera muss ich dreimal ein- und zweimal ausschalten bis sie funktioniert, aber auch dann ist jedes Foto Glückssache. Shirts, Unterwäsche und nicht zu vergessen Socken lösen sich auf - der Tribut von 13 Monaten unterwegs sein, aber die Schuhe gingen auf unnatürliche Art, wurden eingesteckt, wohl weil große Schuhgrößen gefragt sind. Doch ich weiß, dass diese Vermisstenanzeige nichts bewirkt. Damit kann jedoch eine Frage final geklärt werden: Gehört Costa Rica zu Lateinamerika? Nein! Denn was in Mexiko, Guatemala, El Salvador, (Honduras,) und Nicaragua nicht vorkam, passierte hier: der erste Diebstahl.

Nachdem wir einer Mitfahrgelegenheit halfen, indem wir die Karre des Familienvaters bergab Richtung Fluss anschoben, bis der Motor wieder ansprang, entschieden wir uns gegen den Bus, der am Terminal abfahrbereit dastand. Seit Tamarindo verzichteten wir auf öffentlichen Nahverkehr. Diese Konsequenz hat natürlich einen preisbewussten Nebeneffekt, aber um diesen ging es nicht primär. Nirgends machte trampen bisher so viel Spaß wie in Costa Rica, wenngleich es schon leichter gelang einen Lift zu bekommen. Wie bereits erwähnt:

Skurrile Anblicke

Manchmal muss die gute Tat im Menschen, die danach lechzt auszubrechen, ein wenig heraus gekitzelt werden. Deswegen liefen wir auf der Autobahn, auf der abgesperrten Fahrbahnseite, die sich seit einem Jahr im Bau befindet. Skurrile Anblicke: der Mittelteil einer Brücke 'überbrückt' zwar, aber zu keiner ihrer beiden Seiten ist sie befahrbar. Häuser stehen ohne Dächer in der Botanik. Ihre Wände frisch gestrichen, aber auch ihnen fehlt Elementares, wo Schutt und grüne Ranken auf Fliesen verteilt ein merkwürdiges Dekor ergaben. Diese Anblicke vermissten wir. Eine Unterbrechung der Betonabsperrung der Baustelle nutzte ein Fahrer, um uns mitzunehmen und er setzte uns nach meiner Diebstahl-Geschichte an der Schuhstraße aus. Mit meiner Größe 45 verhielt es sich jedoch wie mit einem gut getimten Gag, denn über den Auslagen der Läden stand „Größen von 37 bis 44“. Letztlich zwängte ich mich in die größte und zugleich günstigste 44. Kurz darauf im Gebüsch des Seitengrabens – ein Basilisk. Dem Mythos nach soll ihr Blick versteinern, wir trampten aber weiter und erreichten Siquirres, unser Tor zur Karibik, wo die ersten Häuser auf Pfählen stehen und der Hautton der Bevölkerung dunkler wird. Ein Sportplatz als Zentrumsersatz und ein Mann mit grauem Star, der Kokosöl verkauft, wenn er nicht gerade schlafen würde. Wer weiß - womöglich ist die Skurilitätsdichte Lateinamerikas an die karibische Küste geflohen.

Trampen zu einem Termin ist eine mittelprächtige Idee, die uns kein zweites Mal passiert, dennoch schafften wir es rechtzeitig zur Verabredung mit Patricia. Mit wem? Patricia lebt im Nirgendwo und braucht Hilfe. Die Anzeige bei Workaway las sich zwar noch etwas detaillierter, trotzdem blieb der kommende Freiwilligendienst eine Wundertüte. Unser Gepäck und ihre Wocheneinkäufe verladen, rauschten wir mit dem Motorboot durch Kanäle Barra de Pacuare. Umgestürzter Bambus als hölzerner Tunnel. Weiße Linien, namentlich Baumstämme stachen aus dem Dschungel heraus, der enge Korridor öffnete sich und die Ufer liefen unbemerkt auseinander. Schlingpflanzen schwammen auf der trüben Oberfläche, eine Schildkröte ließ sich erschrocken von einem treibenden Holzstück plump ins Wasser fallen. Vögel mit gelben Flügelinnenseiten flatterten davon, Rinder grasten zufrieden als fleischige Inseln, wo Palmen Erfrischung suchten und ihre Wedelspitzen ins Wasser tunkten. Hier kamen wir an, auf einem hundert Meter breiten Landstrich zwischen Flussarm und Atlantik. Wir halfen Patricia in der offenen Küche, dessen Feuer mit angezündetem Plastikmüll entfacht wurde, und bereiteten Salat und frittierte Kochbananen vor. Patricia hat zwar ein Hostel, Beherbergungsmöglichkeiten für 20 Personen, aber ihr Hauptgeschäft ist die Tiendita, ein winziges Geschäft, aber das einzige in der Gegend. In den Ästen schwangen Kapuzineräffchen, ein paar Meter weiter Brüllaffen. Jeder weitere Satz würde einer Beschreibung von Robinson Crusoe ähneln - kurz paradiesisch, doch hinter dieser Fassade barg der Ort etwas Tieftrauriges, etwas welches nicht bekannt ist für die Karibik: Müdigkeit. Patricia wirkte erschöpft, selbst das Lachen schien sie anzustrengen. Die Arbeiten wie Nägel aus altem, teils vor Nässe morschen, Holz zu ziehen und die Toilettenräume zu streichen müssen zweifelsfrei gemacht werden, aber wir entschieden uns dagegen. Die Wundertüte lag geöffnet vor uns: Robinsonade in paradiesischer Abgeschiedenheit einerseits und diese negative Energie, die uns lähmte, anderseits. Strom gab es, solange der Solarspeicher reichte, das Wasser war versalzen, aber das spielte keine Rolle, unsere Rolle in dem Spiel interessierte uns und als Kind hätte ich mir wohl nichts traumhafter ausmalen können: Nachtspaziergänge mit Milchstraßenaussicht, dazu Schildkröten bei der Eiablage beobachten und mit der Machete Kokosnüsse öffnen, um das beste Wasser mitsamt Fleisch zu uns zu nehmen, das wir jemals kosteten. Selbstverständlich war es das beste! Solche Erlebnisse verändern den Geschmack. Paradiesische Umgebungen mögen eine ideale Voraussetzung zum Wohlfühlen sein, sind aber keine Garantie, weswegen wir nach drei Nächten zurück in die Zivilisation aufbrachen. Tzununa 2.0? Keineswegs. Kein zerstörter Kindertraum fand hier sein Ende. Wir fielen auch in kein Stimmungsloch, wir sind dankbar für die gewährte Einsicht in eine fast intime Lebensrealität, genossen die Naturnähe und werden gerne zurückdenken. Die verbrachten Stunden füllten für uns Tage und mit diesen reisten wir ab und trampten weiter nach Puerto Viejo.

Zwischen Fluss und Meer, BARRA DE PACUARE

Was hat es mit Costa Rica und der Naturliebhaberei auf sich? Bei Río Celeste teilten wir die Unterkunft mit einem madrilenischen Fotograf und seiner Freundin, jene, die wir zufällig wiedertreffen, als sie zwischen Puerto Viejo und Cahuita für uns anhalten, als wir den Finger rausstrecken. Sie erzählen: „In diesem Park sahen wir den Quetzal und in jenen Park Faultiere en masse.“ Ungefragt zeigen sie Fotos, ausgesprochen schöne, die unsere Kamera, die mittlerweile mindestens zehn Versuche beim Einschalten braucht, nie hinbekäme. Ich denke an meine alte Canon 70D, die ganzen Objektive, Filter und die Planung, die ein Urlaub mit schönen Fotos bedeutete. Die beiden haben einen Monat Zeit, doch was viel klingt, ist verschwindend wenig bei all den Nationalparks und dem, was zwischen ihnen liegt. Zusammen besuchen wir einen spendenbasierten Nationalpark, acht Augen studieren akribisch die Wege, das nebst gelegene Gebüsch, sowie die Bäume. Schwarze Grillen mit orangen Fühlern, aber die fotografiert er nicht. Das Krokodil, welches im Meer dahintreibt, 200 Meter neben Badenden auch nicht. Kilometer vergehen, die bei dem langsamen Schritttempo sich verdreifachen. Da raschelt es im Gebüsch und ein Waschbär zieht nach Essen stöbernd seine Bahn, er bettelt nicht, wir betreten schlichtweg eine Kreuzung, die von Menschen und Tieren genutzt wird. Unsere Wege trennen sich, die des Waschbärs, aber auch die mit dem angefreundeten Paar. Wir durchstreifen den Park, entdecken einen Kaiman, getarnt zwischen Baumstämmen im Sumpf, sehen Paradiesvögel (aber nicht den Quetzal) und eine Wimpernschlange. Beim Trampen hält diesmal die Polizei und nimmt uns ein stückweit mit. Später erfahren wir, dass das Fotografenpärchen auf dem Heimweg ein Faultier die Straße überqueren sahen, es sogar in eine Decke gehüllt an den Fahrbahnrand trugen, um vorm Überfahren werden zu bewahren. In einer entfernten Parallelwelt wären wir bei ihnen gewesen und hätten das Erlebnis geteilt, wir sahen dafür... Und machten Bekanntschaft mit der Polizei. Nochmal: Was hat es auf sich mit Costa Rica und der Naturliebhaberei?

Nationalpark CAHUITA

Dan, unser Vermieter ölt die Ketten der Fahrräder, die er uns kostenlos zur Verfügung stellt und wir radeln in Richtung panamaische Grenze nach Manzanillo, wo sich die Straße jedoch vor einem Nationalpark verliert. Wir spazieren durch Dschungel, der wie typisch in der karibischen Seite bis zum Meer ragt. Auf Miniaturinseln krallen sich einzelne Bäumen an löchrige Felsen, mehr Kunstgebilde einer Bonsainachahmung, aber sie sind echt, so echt wie das Zweifingerfaultier im dünnen Geäst, zum Greifen nah diesmal, womöglich der Ausgleich, weil wir das gestrige verpassten. Schwerfällig entzieht sich das Tier der gaffenden Schar. Jede Bewegung wirkt unbeholfen, als brauche es Hilfe, aber mit Mühe zieht es sich alleine in seine Ruheposition und verwandelt sich in einen undefinierten Fellbüschel ... dieses Wesen mit Schweinchennase, an dem die Natur zur Schau stellen wollte, dass nicht ausnahmslos alles einen Zweck dient. Bei der Rückfahrt auf unseren Klappermühlen halten wir bei einem Schiffswrack, schauen den Wellen zu, die daran brechen und hören das Orchester zwischen den Soldatenaras auf der einen, den Brüllaffen auf der anderen Straßenseite.

Am nächsten Tag machen wir nichts, bleiben in unserer Unterkunft, trotzdem besucht uns ein Capybara, es sucht Essen, während wir unser Porridge zum Frühstück vorbereiten. Ein schwarz-grüner Pfeilgiftfrosch taucht plötzlich im Gebüsch auf und verschwindet, ebenso eine grüne Schlange, als säßen wir mitten in einem Nationalpark. Ein letztes Mal: Was hat es auf sich mit Costa Rica und der Naturliebhaberei? Unbestritten gibt es eine hohe Artenvielfalt hierzulande. Da jeder, wie das Fotografenpärchen oder wir von dem berichten, was man sieht - den erfolgreichen Spähungen sozusagen - entsteht dennoch ein irrtümlicher Eindruck. Jede Tierbegegnung ist ein Glücksfall, wenngleich sie manchmal sehr nah und einfach zustande kommt. Diese Naturliebhaberei kommt mir vor, als sei sie der Wunsch eine heile Welt hautnah zu erleben, um zu bewahren, dass es sie tatsächlich gibt, um stets davon zu berichten, aber wie gesund ist sie wirklich? Ist sie eine Ablenkung, weil es sie ja gibt oder die Ausnahme der Regel? Welcher Rückschluss ergibt sich daraus?

Wir stehen kurz vor Panama, könnten über die Grenze ins nächste Land unserer Reise verschwinden, gemessen an dem Erlebten wäre das nicht schlimm, aber wir tun es nicht, wir werden Costa Rica weiter durchstreifen, das scheinbar Heile aufsaugen bis wir selbst daran glauben und dann werden wir weiterziehen und schwärmen von Costa Rica, werden Fotos zeigen von einem Bruchteil dessen, was wir sahen und die anstecken, die sie auch einmal erleben wollen: diese Illusion der heilen Welt.

Zweifingerfaultier im Nationalpark MANZANILLO

Wie stellt man sich eine Landeshauptstadt mitten im Naturparadies vor? Am besten gar nicht, denn egal wie, sie wird außerhalb der bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen Costa Ricas stehen.

Nachdem wir unsere Spuren vergangener Tage nacheinander aufsammelten beginnend in Puerto Viejo, unserem 8-tägigen Zuhause... Cahuita... mit dem Nationalpark, den wir 2x besuchten... Siquirres... Ein Tag vor unserer Anti-Zivilisations-Erfahrung... Guapiles, Ort der Schuhstraße und die Kreuzung bei Santa Clara, bei der wir den Highway entlangwanderten. So eine Straße, tote Asphaltmasse, bekommt Persönlichkeit, eine liebevolle Milde zugesprochen mit den erlebten Ereignissen und der Zeit, der man in ihrer Nähe verbrachte. An so etwas denken wir, während wir mit Guillermo und seinen Sohn darüber hinweg rollen, ständig die Fahrspur wechselnd wegen der Bauarbeiten. Die Skepsis der Leute, die uns vom Vorhaben des Trampens abrieten, straften wir damit ab. Ungläubig blickte man uns beim Einsteigen nach, fasste sich an die Stirn und lachte laut los. Hat es wirklich geklappt? Das Misstrauen untereinander ist enorm, übersteigt die Vorstellungskraft nach uneigennützigen Taten, auch in solchen verhältnismäßig gesitteten Ländern. Wenn wir fragen, warum jemand anhält, ist die Antwort meist gleich: Ich habe Platz, warum also nicht? Warum nichts für jemanden tun, das mich nichts kostet? Warum die unentwegte Angst?

Kontraste SAN JOSÉ

Mit den Regentropfen fallen wir aus dem Gebirge, welches wir überqueren, auf die Hochhäuser von San José. An ihren Glas- und Beton-Füßen zerschellen wir. Zwischen ihnen riecht es nach gammligen Fleisch, die Seitengassen sind schummrig, keine Tageszeit ändert diesen Umstand, gebettelt wird pro-aktiv, die Wände der geschlossenen Geschäfte werden bevölkert von schlafenden, eine Socke abgestreiften, die Schuhe zwei Meter vom Körper entfernt, als führten sie einen aussichtslosen Kampf dorthin zu gelangen, wo sie schutzlos den Blicken der fröhlich Shoppenden ausgeliefert sind. Schreiende Straßenverkäufer, die Plastikschrott anbieten, laut genug um überzeugend zu klingen. In der Schattenseite San José's erkennen wir wieder Lateinamerika, mehr als im kompletten zurückliegenden Monat. Zusammengefasst: Barocktheater - obligatorisch. Die Villen Escalantes - überraschend. Preise – unverschämt (ein Apfel für umgerechnet drei Euro … man müsste ihn kaufen, um zu wissen, wie er schmeckt, aber diese Vorstellung lassen wir unberührt). Recycling-Festival – inkonsequent. Nationalgalerie, welches in den Räumen des ehemaligen Stadtgefängnisses ausstellt – vernachlässigbar. San José - Ankunft und Abfahrt.


FOMO oder JOMO? Ausweichende Antwort auf die noch offene Frage: OMO - Optimal Missing Out. Obwohl wir in direkter Nachbarschaft des Poás-Vulkans lebten, besuchten wir selbigen Nationalpark nicht. Aber wer wird besser die Region kennen gelernt haben? Jemand, der auf Zwischenhalt ein paar Fotos schoss, oder jemand, der leere Plätze gezeigt bekam, an denen ein Erdbeben Häuser zerstörte, neuaufgebaute Kirchen und ihre Historie, vom Bürgerkrieg ramponierte Orte und geheime Plätze, an denen ein Bachlauf an verknöcherten Bäumen entlangplätschert, jemand der die Faszination der Ticas an ihrer eigenen Pflanzenwelt mitbekommt und isst, was sie essen und lebt, wie sie leben?

Monate war es her einem bekannten Gesicht zu begegnen. Wir lernten kennen und reisten weiter. Neue Bekanntschaften führen wir als digitale Karteikarten mit uns. Bei manchen wird ein loser Kontakt gepflegt, sie liegen auf Halte für irgendwann oder nie (wie wir für sie). Ein freudvolles in die Arme schließen gleicht einer verwilderten Geste der Fantasie - von Unkraut überwuchert, das einst als normal Empfundene verbergend. So schließen wir Esteban in unsere Arme, den wir vor über einem halben Jahr in Madrid kennenlernten. Wenn wir je in Costa Rica sein sollten, müssen wir ihn besuchen und da waren wir: im bergigen Hinterland von San José in Sabana Redonda. Die Hauptstadt liegt abends als Lichtkugelteppich in der Mulde des Tales, während wir einen Anflug von Kälte empfinden.

Musikalischer Austausch

Wir helfen der Familie, die uns genau wie Esteban liebevoll empfängt. Wir wollen helfen als eine Art Freiwilligendienst, wollen arbeiten, für das, was uns als Vorschuss gewährt wird, aber schnell wurde klar: wir sollen nicht arbeiten, selbst der Abwasch wäre zu viel. Trotzdem geben wir zurück, was wir haben. Verschenken selbstgebastelte Armbänder und machen Aschenbecher aus Bierdosen, was wir in El Salvador lernten und helfen trotzdem. Esteban liebt Musik, steht mit seinem Solo-Projekt kurz vorm Durchbruch, zunächst aber vor einer Südamerika-Tour. In seinem künftigen Haus, von dem nur das Dach steht, probt er mit Freunden. Alle Instrumente sind zusammengefunden … alte Regentonnen, rostige Federn, Sägen usw. In dieser Werkstatt musizieren wir gemeinsam, was allgemein selten als Musik anerkannt werden würde, aber sie enthält unsere Emotionen, die Gefühle und eine Stimmung, die, wäre sie das Bächlein, das er uns zeigte, ein schmutziges Rinnsal wäre. Aber durch die Musik reinigen wir uns - hier ging es um Tiefverborgenes. Wir sahen einen Freund wieder, verbrachten gemeinsame Zeit und lernten die Bedeutung von ‚mi casa es su casa‘ kennen, was ist dagegen der Poás-Vulkan?

Vor der Autobahnbrücke fährt das Auto, in dem wir sitzen, rechts ran und lässt uns aussteigen. Sechs Stunden für 75 Kilometer - ein mieser Schnitt - aber das ahnten wir, da die Strecke zum Pazifik nicht geradlinig verlief und die Leute vielfältige Möglichkeiten nutzen konnten, nicht in die von uns gewünschte Richtung zu fahren, um nämlich exakt zu dieser Autobahnbrücke zu gelangen. Was an ihr besonders ist? Nichts. Sie ist darüber hinaus sogar ausgesprochen hässlich. Lieblose Betonklötze bilden Stelzen, die wie im Lego-Stecksystem einen Strom überquert - der Tárcoles-Fluss, bekannt als Krokodilbrücke. Im Schlamm tummeln sich die urzeitlichen Echsen, sperren ihre Mäuler zur Akklimatisierung auf und nötigen Respekt ab in ihrer imposanten Erscheinung. Links und rechts davon gibt es nichts, so dachte ich vor der Ankunft – eventuell eine Touristenfalle, aber da spazierten wir noch nicht über Felder, denen mit dem pochenden Klang der Hufschläge von zig Rindern Leben eingehaucht wird, ebenso krochen noch keine Leguane die trockene Rinde himmelwärts und vor allem: flogen noch keine Schwärme von roten Aras über uns. Wir blieben, verlängerten unseren Aufenthalt sogar und genossen ein Krächzen, dem paradiesische Anmut im kunterbunten Gefieder folgte. Von unserem ausgemachten Lieblingsplatz, einer Terrasse, observierten wir ihren Flug, der auf dem dschungeligen Hintergrund stets einen Abdruck zurück zu lassen schien. Unser Seufzen über die Verschwendungsgabe der Natur, die sinnlos und doch so schön ist, fliegt den Papageien nach, auch wenn sie lediglich schwarze Punkte sind vor den Bergen der Nicoya-Halbinsel, wo ein Frachter aus Puntarenas ausläuft und aufs offene Meer des Pazifiks zusteuert.

Scharlacharas, TÁRCOLES

Entlang der Panamericana trampen, das weckt Sehnsucht schon im Moment, als wir am Straßenrand stehen. Wir wühlen nach einem geeigneten Stück Pappe, schreiben mit versiegender Schwärze des Stiftes Quepos drauf und werden Augenblicke danach mitgenommen über Hügel, die in direkter Nachbarschaft zum Meer herausragen. Ölpalmen in strikter Musterung einer Monokultur bilden weite Tunnel, die zu ihrem Ausgang Bildchen ergeben, jedes unterschiedlich, alle gleich. Die letzten Anhöhen überwinden, bevor wir auf dem Thron, namentlich dem Örtchen Manuel Antonio, aufsetzen, am Siedlungsrand, wo der Dschungel beginnt und wo der Nationalpark zu uns kommt. Kapuzineräffchen klauen Bananen, fast befürchten wir einen ernstzunehmenden Überfall und bekommen dann doch eine Theatervorführung mitten auf dem Esstisch als Bühne geboten, bei dem die Tischdecke als dramatisches Requisit fungiert. Capybara essen gemütlich Gras, Geckos kriechen als Verzierungsbestandteil über die Holzmöbel, ein Faultier kraxelt über Palmblätter umständlich über Äste. Wir sind überrascht, wie in Tárcoles, doch nicht nur das, wir fühlen uns wohl und sitzen unter einem Regenschirm am Strand schauen den Regenschleiern zu, wie sie die Halbinsel zuziehen, nur unsere reinen Glücksgefühle vermögen sie nicht mit ihrem Grau zu verwässern.

Morgenstimmung, TÁRCOLES

Nachdem an der Karibikküste schon ein Streifenwagen der Polizei für uns hielt, nahm uns nun auch ein Linienbus kostenlos mit. Der Fahrer sah uns in der Sonne brutzeln, das Pappschild langsam gen verschwimmenden Asphalt sinken, obwohl wir erst 5 Minuten dastanden. Sein Erbarmen wurde zu unserem Glücksfall. Wir stiegen ein und fuhren nach Uvita, wie sämtliche Mitfahrer, bloß unentgeltlich. Hätte uns der Busfahrer nicht gleich den Strandeintritt bezahlen können? Das wäre zu übermütig… Uvita machte in seiner Infrastruktur einen unförmigen Eindruck - breitgelaufen und im Aufbau begriffen, als rüste man sich für den Touristenansturm, der augenblicklich nicht stattfand. Ein Zimmer buchten wir und bekamen ein komplettes Haus mit 5 Zimmern - niemand sonst checkte während der drei Tage ein. Drei Tage, denn Uvita biete viel, so hieß es. Zum Beispiel die Nauyaca-Wasserfälle, zu denen uns eine costa-ricanische Lady Gaga-Version fuhr. Wir wanderten über den lehmigen Grund zu den zwei Kaskaden, verfielen den Bann des Rauschens bis dieses auch nach einiger Entfernung nicht in den Ohren verklingen wollte. Zurück fuhren wir im Kofferraum amerikanischer Touristen und sahen in Dominical die überbewertete Schwester von Uvita. Immerhin mit kostenlosen Strandzugang, denn Bahia Ballena ist ein Nationalpark. Wir sollen uns nur die Affen in den Bäumen anschauen, hieß es im Kassenhäuschen. Für uns hieß es aber weitergehen, bis der Zaun endet, denn so gut kennen wir das Land mittlerweile und immerhin feiern wir Hochzeitstag und den wollen wir am Strand begehen. Stacheldraht überwunden. Am Strand liegen. Anstoßen. Wir sehen die Rückenflossen einiger Delfine und schlafen im wogenden Spiel der Lichtstrahlen, die zwischen den Palmenblättern flimmern, ein. Der Motor eines Quads weckt uns, ein Ranger. Dabei schütze ich mein schlechtestes Spanisch vor, was mir leichtfiel, wir zahlten nicht, wir verschwanden stattdessen, wie wir gekommen waren: Über Stacheldraht und sahen das Abendrot vom Pool aus, in den wir unvermittelt mit einer Arschbombe platzten. Tárcoles überraschte uns, Manuel Antonio ebenso und nun Uvita, diesbezüglich jedoch ins Negative, dieser leblose Ort, aus dem wir passenderweise nur mit Mühe trampten, um näher an dem letzten Abenteuer von Costa Rica zu sein.

Nauyaca-Wasserfälle, UVITA

Abenteuer... Ich denke darüber nach, wann ein Erlebnis gleichzeitig ein Abenteuer ist. Wir sitzen auf der oberen Etage eines alten Farmhauses, welches der Gemeinschaftsbereich eines Nudistenhostels ist. Gestern saß im Dachstuhl noch eine handgroße Webspinne. Rascheln resultiert häufig aus dem Versuch, dass ein Nasenbär die Überreste des Kompostes stibitzt, während wir stundenlang durch das Fenster einer Lichtung über Baumspitzen zum Golf schauen und Wolkenschwaden beim Wandern beobachten, sowie Tukane, die trotz ihrer gebogenen Riesenschnäbel winzige Beeren zupfen.

Tuco, der Tukan

Das klingt nicht nach Abenteuer... Sind unsere Essensvorräte aber aufgebraucht und es regnet, können wir eventuell nichts nachkaufen, da uns ein halbstündiger Fußmarsch mit unvorhersehbar anschwellenden Flüssen vom ersten Haus des Dorfes Dos Brazos trennt. Wir sind allein im Hostel, passen auf den Ort, der erste Züge eines Lost Places annimmt, auf, weil die Natur über eine Rückeroberung nachdenkt. Zur Regenzeit sind die Unterkünfte und Wanderrouten für Gäste geschlossen. Wir wandern trotzdem, um unser imaginäres Tieralbum, wie ich es einmal bezeichnete, weiter zu vervollständigen und sehen die vierte von vier Affenarten in Costa Rica: Totenkopfäffchen. Donner als nie enden wollende Kettenexplosionen. Meine Brille beschlägt. Temperaturabfall. Wassertropfen so dick, dass ihr Aufprall auf unseren Schultern dem Fingertippen eines Fremden gleicht. Wurzelgeflechte bilden Becken, Wege werden zu dreckigen Strömen, an deren Ufer Krabben ihre Scheren drohend ausbreiten. Ich komme mir vor wie auf Drogen. Ständig nach vorn stolpern am Rande eines ins Tal abrutschenden Pfades zurück in Sicherheit. Aus den Gummistiefeln fließt die braune Suppe, auch im Hostel gibt es kein Entkommen, denn kein Raum besitzt vier Wände, wer weiß, was des Nächtens an uns vorbeischleicht... Abenteuer, kommt wohl drauf an, was man gewohnt ist. Wir erhalten es aufrecht, solange uns der Sinn danach steht, befreien unser Hab und Gut von Pilzsporen und gehen irgendwann, wenn der Regen uns lässt. Abenteuer - ein kleines ganz bestimmt.

Wanderung mit Blick auf den Golf

Was bleibt nach 2 Monaten Costa Rica? Wir frühstücken am Hafen von Puerto Jiménez - Bananen und Toastbrot mit Bohnenmus (Standard die vergangenen Wochen) - und schauen über den Golf mit seinem seichten Wellengang, dorthin, wo sich irgendwo vom Morgendunst verborgen Golfino befinden muss, von da fehlen 60 Kilometer zur panamaischen Grenze.

Am letzten Tag im Dschungel sahen wir ein Jaguarundi, eine elegante Raubkatze, welche nach einem Regenguss von den lichten Ästen eines Baums herabkletterte. Das einläutende Froschkonzert zur Dämmerung hörten wir zum Abschluss aus der ersten Reihe und sahen dabei den ikonischen rotäugigen Frosch, ohne den kein Werbeplakat von Costa Rica auskommt. Jedoch waren dies Schnappschüsse, häufiger waren Affenbesuche. Quasi in einer WG wohnten wir mit Tukanen, denen wir, wie den Nasenbären, Namen gaben, schon bevor wir mit ihnen um die letzte Papaya stritten. Aber auch die Flora mit ihren nach Vanille duftenden Blüten, Brettwurzeln, die Wände darstellten und jene Undurchdringlichkeit der Natur werden wir vermissen, die sich lediglich für die Geräusche der Vögel, der Affen, stürzender Bäume und das Plätschern der Wasserströme durchlässig zeigt.

All das hört sich an, wie man es erhofft von Costa Rica, trotzdem bleibt die Dankbarkeit über 62-mal in Autos, LKWs, Polizeistreifen und einem Reisebus mitgenommen worden zu sein und den interessanten Lebensgeschichten zu lauschen, sowie den Aufenthalt mit Esteban und seiner Familie dominant. Gemessen an den durchschnittlichen Kosten ist Costa Rica unser günstigstes Reiseland. Kein Grund zur Freude, außer, dass wir mit Einschnitten leben konnten und uns an Umstände anpassten - Geld ist nicht das entscheidende Kriterium für die Reise, das ist wichtig. Wenn wir es in Costa Rica schaffen, dann überall, diese These stellen wir auf, die bleibt, und behält Gültigkeit bis zu ihrer Widerlegung.

Rotaugenlaubfrosch-Pärchen

Ahnungslos lächeln wir zwei in die Handykamera, hinter uns in großgeschrieben Lettern PANAMA, doch im nächsten Moment verkehrt sich das Gesicht in ... Das müsste wohl der Grenzbeamte besser beurteilen, nachdem er uns die Einreise verweigert. Wir gaukelten Freiwilligendienste vor, die uns in absehbarer Zeit außer Landes führen sollen, aber eine Dokumentation können wir nicht vorweisen, weil es sie nicht gibt. Die lückenlose Ein- und Ausreise durch alle vorherigen zentralamerikanischen Länder lässt ihn kalt. Der Fakt bleibt bestehen: Wir dürfen nicht einreisen. Wir übertreten die Grenze trotzdem, drängende Taxifahrer versuchen unser Ziel zu erraten, dabei sind wir noch unrechtmäßig in Panama. Ein Kopiershop spendiert kostenlos Internet und wir kaufen auf einer einschlägigen Seite Fake-Tickets, wie bei der Einreise nach Mexiko. 15 Minuten später stehen wir vor demselben Beamten, der die Unterlagen halbherzig besieht und uns abstempelt.

David ist ein Verkehrskreuz in Panama, wir freuen uns nach dem gestrigen miefigen Loch mit verstopftem Klo und Abfluss und Ameisen und ... (Aufzählung beliebig mit Unwillkommenen füllen) zufällig eine Unterkunft mit Pool in Vorort-Flair gefunden zu haben. Einkaufs-Mall reiht sich an Mall, das kapitalistische Versprechen des Schlaraffenlandes findet in Panama Umsetzung UND es ist günstiger als Costa Rica! Auch wenn eine neue Kamera weiter warten muss, ziehen wir im Supermarkt von Regal zu Regal und müssen fast weinen, weil die meisten Produktpreise ein Drittel bis die Hälfte weniger Kosten. Der umgekehrte Effekt setzt ein: wir konsumieren... Einem Franchise mit Zimtschnecken erliegen wir und wir könnten weiter machen, überall Werbeversprechen und wir drängen auf Einlösung, selbst weiter in den Bergen von Boquete ist alles auf das leibliche Wohl zurechtgeschneidert. Beim Trampen fahren wir in einer anscheinend mobilen Scheune, da überall Stroh verteilt im Fußraum liegt. Unser Fahrer freut sich über unsere Herkunft, weil seine Ahnen vor 100 Jahren aus Deutschland auswanderten. Wir lächeln und diesmal folgt keine Ernüchterung, wie an der Grenze - so hoffen wir.

Mit noch ungetrübter Stimmung vor der Grenze Panamas

Durchatmen. Die Frische der Bergluft lässt es zu. Keine feuchte Stickigkeit des Dschungels, sondern Reinheit wie ein kühles Glas Wasser. Die Natur ist trotzdem überschäumend vor Artenvielfalt, überall blüht es - Frühlingsstimmung macht sich breit. Die Blüten hängen wie bunt gescheckte Kleider von grünen Stängeln. Wir passieren Hängebrücken und sind doch wieder im Dschungel. Flussbetten, die trotz Regenzeit teils ausgetrocknet sind, werden Schneisen zum Barú-Vulkan. Zwischen den Bäumen, auf deren urig überwucherten Ästen Orchideen wie Kunstpflanzen sitzen, fliegt ein türkiser Schleier, aber nicht zu Boden, er fängt sich und lernt zu fliegen - ein Quetzal!!! - der Paradiesvogel schlechthin und das vor dieser Kulisse! Mir bleibt der Atem trotz frischer Luft weg, wir erspähen ihn erneut und vergewissern uns nun ständig gegenseitig, dass wir ihn wirklich sehen (denn könnten wir es uns selbst glauben?), wie er auf einem Ast schweigt und die Sonne, die das Gefieder zum Leuchten bringt, macht ihn kenntlich, dieses gefiederte Märchen.

Ausblick auf Vulkan Barú ohne Quetzal, BOQUETE

Von den Bergen Boquetes zum Pazifik in Las Lajas zurück in die Berge nach Santa Fe in 33 Stunden. Dieser mühelose Wechsel steigert in diesen ersten Tagen den Reiz Panamas, ein Land welches wir als besseres Transit-Land nutzen wollten, doch das würde ihm nicht gerecht. Gelegentlich scheinen die Menschen hier zu nett zu sein, um nicht anzuhalten, wenn wir den Daumen raus recken. Bloß die Schnellstraße, die Panamericana erfordert Geduld. Ein Busfahrer fragte uns aufgeregt mit laufendem Motor, wohin wir wollen: Bocas del Toro? Nein. David? Nein. Boquete? Nein. Santa Catalina? Nein. Panama-Stadt? Nein. Wohin wollt ihr also? Wir wussten es noch nicht. Reichlich verwirrt knatterte er davon, wir wussten es wirklich nicht. Wir konnten nicht einmal den Zufalls-Generator die Entscheidung überlassen, weil wir ihn nicht zu befüllen wüssten. Seltsamer Widerspruch … ist er das? Unsere Zögerlichkeit ist ablesbar, niemand hält, wenn wir ohnehin nur geradeaus sagen können, also laufen wir auf dem Highway entlang, direkt auf dem Standstreifen. In Deutschland würden wir damit in die Nachrichten kommen „Personen auf der Fahrbahn“, hier winkt die Polizei uns zu. Wir sahen die Berggipfel sich im Morgenlicht rekeln ... Sollen wir zurück oder einen neuen Strand erkunden? Ein Alter Farmer mit passenden Panama-Hut hielt und wir saßen auf der Ladefläche, winkten dem LKW-Fahrer zu, der uns zuvor überholte. An einem Kontrollpunkt der Polizei zog er wieder vorbei, denn diesmal meinten es die Beamten nicht so gut, nachdem sie zwei Weiße auf der Ladefläche sahen. Passkontrolle. Aber schon waren wir wieder auf der Überholspur und zogen an dem orangenen LKW vorbei, bis wir von der Ladefläche sprangen. Die Polizei ist empfindlich, da Panama für Flüchtlinge unumgänglich ist, aber diese Art von Flüchtlingen sind wir nicht. Wenn, dann zieht es uns in die falsche Richtung. Als ich den Rucksack abstellte, hält der nächste Wagen, in dem wir den entscheidenden Tipp erhalten - ein Bergdorf: Santa Fe, welches wir schließlich auch erreichen. Die Berge um uns sind schroff als ständen sie in Nordeuropa, jedoch sind sie bis auf den letzten Quadratmeter über und über grün bewachsen. In Santa Fe sind wir in einem Ort, den wir am Morgen noch nicht kannten, wir sammeln ein paar weitere Empfehlungen und schon werfen die nächsten Tage eine Vorahnung voraus. Wir wechseln weiter die Szenerien bis wir Panama-Stadt erreichen. Im Buch ‚Oh, wie schön ist Panama‘ findet ein Bär eine Kiste mit der Aufschrift Pa-na-ma. Sie ist leer, riecht aber wunderbar nach Bananen, deswegen denkt der Bär, es müsste das Traumland sein. Gemeinsam mit seinem Freund, den Tiger bricht er auf und findet den durch Zeit veränderten Ort ihres Aufbruchs wieder. Wie er haben auch sie sich verändert und halten ihn irrtümlich für den Wunschort Panama. Hätten sie gleich zuhause bleiben sollen? Nein, denn unterwegs trafen sie andere Tiere und lernten ihr Zuhause dadurch neu kennen. Die eigentliche Bedeutung des Buches ist vielleicht für uns bezeichnender (das werden wir irgendwann wissen) als die Lobpreisung Panamas, oder nicht?

Wir wandern von Santa Fe, Bianca wird vor der Polizeistation von einem Straßenhund in die Wade gebissen und durch meine Schuhsohle bohrt sich ein Dorn bis in den Fuß, aber wie verschwindend gering ist das Negative gegen das Positive? Diese immer neuen Aussichten, die uns verzaubern! Bergkämme als versteinerte Wellen, Palmen ragen aus dem Dschungel und dazwischen unscheinbare Strohhäuser. Einsame Wasserfälle, eiskalt und kristallklar. Ich lehne mich an die bewachsene Felswand und lass den Fluss über mich hinweg strömen bis ich glaube, er geht durch mich hindurch.

Erste Sonnenstrahlen, SANTA FE

Nach komplizierter Weiterfahrt mit langen Wartepausen beim Trampen erreichen wir Chitré, ein jämmerliches Stadtbild zum Sonntag (wohl aber wie an sämtlich anderen Tagen auch), welches nur unsere Unterkunft übertrifft. Ein Loch mit anstößigem Gemäldedruck an der versifften Wand, aber wie verschwindend gering ist das Negative gegen das Positive?

Heißestes Fleckchen Nationalpark Sarigua, CHITRÉ

Diese Kontraste! Eine Halb-Wüste zwischen all dem Überschwang der Natur. Bodenfärbungen in rot-gelb-schwarz, rissige Erde, die an diesem heißesten Ort des Landes wie Brotkruste im Backofen aufbricht. Dürre Sträucher recken ihre verkümmerten Ästchen flehend nach Wasser in die prall gefüllten Wolken, während ein Radfahrer in quietschendem Tone des Ölmangels die Weite durchschneidet.

In Olá endet Panama, obwohl inmitten des Landes befindlich. Nach 10 Minuten Warten kennt man jedes Auto, den chinesischen Supermarkt und den dazugehörigen Lottoverkäufer, aber wie verschwindend gering ist das Negative gegen das Positive? Diese surreale Felsformation der Picachos, deren Anfang wir gemeinsam mit einem Hitzeschlag erreichen, ist aller Mühe wert. Wir campieren unter einem Wellblechdach, wehren nachts neugierige Tiere durch die Zeltwand ab, nur um am Morgen der Mondsichel und den Sternen über den Grat in die Höhe zu folgen. Die Wolken über der Ebene bleiben an den grünen Wänden hängen, jener Teppich aus hüfthohem Gras, welches uns durch den darin hängenden Morgentau aufweicht. Die Nässe wiegt gemeinsam mit dem tonnenschweren süßen Duft an den Halmen, Schwärme von Schwalben - geflügelte Freiheitssymboliken - flattern munter um uns. Was hält uns noch am Boden? Während die fernen Falten der Gebirge mild beschienen werden, überwinden die Wolken die Picachos, wir sehen nichts und doch so viel - oh wie schön ist Panama, könnte man meinen, aber nein: Oh wie schön ist Zentralamerika! Auf diesen Kilometern in diesen Tagen, die zu den letzten auf diesem Kontinent gehören bis wir Südamerika erreichen, wissen wir, dass beständig das Positive das Negative überragt, wenn man ihm die Chance dazu gibt.

Über den Wolken Los Picachos, OLÁ

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